Jugendlandesliga: Dio zu Gast in Blankenese

Gestern hatte ich das „Vergnügen“, einen der kuriosesten Jugendkämpfe meiner Jugendlaufbahn zu erleben.


Bevor ich zum eigentlichen Kampf komme einmal die Vorgeschichte. 
Normalerweise sucht Jasmin das Team zusammen, und die erste Mail ging auch recht zeitig raus. Da Jasmin leider erkrankte und einige unserer Spieler auf die grandiose Idee kamen am Freitag vor dem Kampf noch abzusagen (ich kann die „Gründe“ noch immer nicht wirklich nachvollziehen) habe ich in Absprache mit Jasmin die Aufgabe übernommen, die weiteren Spieler zusammen zu suchen, nicht unbedingt ein Vergnügen 2 Tage vor einem Kampf mit dann nur noch 4 Zusagen da zu stehen.
Also ging ich auf die Suche, mit Aaron und Umran waren die ersten 2 schnell gefunden, fehlten nur noch 2 weitere, das sollte doch eigentlich nicht so schwierig sein, bei mehr als 20 gemeldeten Spielern, doch da lag ich mal falsch.
Insgesamt kommen rekordverdächtige 19 Absagen zusammen, wenn ich mich nicht verzählt habe. Das sind mehr als 2 komplette Mannschaften, die da abgesagt haben, so etwas habe ich noch nie bei einem Schachkampf erlebt. Aus teils sehr guten Gründen (Bsp.: Konferfahrt, schulische Veranstaltung, Handballspiel oder St.Pauli), bei denen teils unter Umständen die Entscheidung auch anders hätte ausfallen können, wenn denn manche Leute früher absagen könnten. Es gab aber auch weniger gute Gründe, die ich nicht wirklich nachvollziehen kann, hier mal nur ein Beispiel dafür:

A: „Ich muss ein Langzeitprojekt an einem Tag fertig machen.“
Ich: „Was machst du denn am Samstag?“ 
A: „Ja das Langzeitprojekt.“
Ich: “ Und was machst du dann am Sonntag?“
A: „Ja das Langzeitprojekt.“

Das war jetzt nur ein Beispiel, das bei mir für einen „Aha, ist klar-Effekt“ gesorgt hat. Ich führe mal noch ein weiteres Beispiel auf:

B: „Ich muss den ganzen Sonntag für einen Test lernen“  (wohlgemerkt einen Test, keine Arbeit)
Ich: „Was machst du denn am Samstag?“
B: „Ich bin auf einem Geburtstag.“
Ich: „Den ganzen Tag?“
B: „Ja.“

Dazu sollte man vielleicht noch erwähnen, dass die Familie erst am Nachmittag zu dem Geburtstag losgefahren ist (schon seltsam, wenn dann ein anderer Schacher da wegen einer anderen Sache anruft und die Leute nach dem Mittag noch da sind).
Von Absagen der Art gab es noch 2-3 weitere, die ich hier mal verschweige, bevor ich mich noch allzu sehr darüber aufrege.

An dieser Stelle muss ich aber auch ein Lob an Timo ausgeben, der am Freitag, als ich ihn fragte meinte: „Ich müsste eigentlich können, muss aber meine Eltern nochmal fragen“, fix war das Handy rausgeholt und es wurde bei Timo angerufen, leider war keiner zu Hause. Also meinte Timo: „Ich rufe dich morgen Vormittag an und sage bescheid“. Und so war es dann auch, Timo war unser siebter Mann, vielen Dank für den Einsatz, so sollte es sein, und davon könnte sich manch einer mal ne Scheibe abschneiden.

Nach diesem halben Roman der Vorgeschichte stand dann also fest: Wir spielen nur zu siebt, tja, ein Saisonziel verpasst, es würde eine kampflose Niederlage geben, man kann allerdings wirklich nicht sagen, dass nicht versucht wurde weitere Spieler ins Boot zu holen (Timo wurde nachgemeldet).

Nun aber wirklich zum Kampf:
Die Hinfahrt verlief problemlos, wir kamen ziemlich genau um 11 Uhr am Spielort an, und da gab es das nächste Kuriosum, der Kampf konnte nicht starten, weil der gegnerische Mannschaftsführer noch nicht da war und die vielen von Blankenese nachgemeldeten Spieler nicht wussten, in welcher Reihenfolge sie spielen sollten.
Dazu waren die Uhren falsch eingestellt usw. Also hieß es: Für Ordnung sorgen und die Bretter beim Auswärtskämpf soweit fertig machen, dass man anfangen kann sobald der gegnerische Mannschaftsführer eintrifft.
Knappe 30 Minuten später sollte dann der Kampf auch endlich um 11.30 Uhr beginnen, naja, was man so beginnen nennt, denn an sage und schreibe 4 Brettern war zu diesem Zeitpunkt nur ein Spieler und so liefen dann nur 4 Partien an.
Auch Blankenese hatte offenbar Probleme mit seinen Spielern, denn ihr Mannschaftsführer meinte, dass sie auch nur zu siebt wären, und die anderen noch kommen würden, was sie allerdings nicht taten.
So starteten also nur an den Brettern 1, 5, 6 und 8 Partien.

Gemäß der Regel, dass eine Stunde nach offiziellem Kampfbeginn die kamplosen Punkte vergeben werden sollte man meinen, dass dann um 12:00 Uhr die ersten Punkte eingefahren werden sollten, doch Pustekuchen. 2 der 4 Partien endeten noch vor 12 Uhr, und das, obwohl der Kampf erst um 11:30 Uhr losging.
Ich gehe mal ein wenig näher auf die Partien ein, an 6 hatte Aaron ziemlich leichtes Spiel, auf einmal stand der weiße König auf f1, den weißen f-Bauern gab es aber nicht mehr, und ein schwarzer Läufer auf g3 mit einer Dame auf f2 sind dann eben Schachmatt. Diese Partie dauerte gefühlt nur 10 Züge, auch wenn es in Wirklichkeit wohl eher 20 waren.

Brett 8 dagegen bot so ziemlich alles, was einen Mannschaftsführer zum verzweifeln bringen kann, und das in weniger als 30 Minuten. 
Es fing damit an, dass Timo nach weniger als 10 Minuten eine Figur weniger hatte, keine 3 Minuten später aber auf einmal einen Bauern mehr, wie genau das passiert ist möchte der Außenstehende vermutlich gar nicht wissen, als kleine Anmerkung sei aber gesagt, dass ein weißer Bauer auf f3 das Feld g4 deckt und dass ein Turm auf b8 eine gegnerische Figur auf b7 schlagen kann, mehr möchte ich dazu nicht sagen.
Jedenfalls ging es dann spannend weiter, denn auf einmal konnte unser Spieler Schachmatt setzen, in nur 2 Zügen, getan hat er es aber nicht, sondern es wurden die Türme getauscht, und so landete die Partie in einem Damenendspiel mit Bauer mehr. Ruidi zeigte hinterher einen sehr schönen Gewinnweg auf, doch auch der passierte nicht, wobei das nicht wirklich das Drama war, denn den musste nicht unbedingt jeder sehen.
Was aber im Damenendspiel passierte mag ich noch immer nicht zu sagen, denn ich kann mir immer noch nicht erklären, wie die weiße Dame in nur 2 Minuten von c2 nach f6 kam. Zuvor konnte übrigens Timo noch die Damen tauschen und in ein gewonnenes Bauernendspiel abwickeln, doch auch das geschah nicht. 
Schließlich kam ich zu  der Überzeugung, dass die Partie vielleicht doch noch ein Weilchen dauern könnte, aber auch dem war nicht so, denn nur 3 weitere Minuten später war die Partie zu Ende und Timo hatte mit 2 Damen mehr gewonnen.
An dieser Stelle noch eine Bitte von mir: Bitte viel länger nachdenken, ich weiß, dass er es deutlich besser kann. 40 Züge in weniger als 30 Minuten sprechen da eine recht deutliche Sprache.

Wie dem auch sei, den Kampf hatten wir also schon um 12 Uhr gewonnen, denn wir führten 5:1, dank 2 Siegen und 3 Kampflosen, wobei wir noch einen eigenen Kampflosen abgaben.
Es spielten also noch Ole und ich, und das auch noch für die nächsten 2,5 Stunden.

Während Ole nach einem gegnerischen Fehler die ganze Partie über eine Figur mehr hatte und sich die Partie unnötig in die Länge zog und einfach nicht enden wollte, entwickelte sich bei mir zur Abwechslung des Tages mal eine interessante Partie mit einer etwas seltsam aussehnden Eröffnung, die aber wohl für beide Seiten irgendwie in Ordnung war.
Zwischenzeitlich übersah ich dann einen Zug, der zu klarem Vorteil geführt hätte und stellte stattdessen wenig später relativ simpel einen Bauern weg, für den ich seltsamerweise gute Kompensation erhiehlt. Kurz gesagt: Der Bauer wurde zurückgewonnen und die Partie verflachte zu einer Stellung mit 5 gegen 5 Bauern auf einem Flügel mit jeweils 3 Leichtfiguren, sodass wir nach etwa 3 Stunden dann Remis vereinbarten, was nominell gesehen auch durchaus in Ordnung war.
Wenig später war dann Ole auch mit seiner Partie fertig, irgendwann hatte er dann Turm und Figur mehr und dann ging es auch recht zügig.

Ergibt zusammen: Einen kuriosen Kampf mit vielen Kampflosen und einem 6,5:1,5 Sieg für uns, womit wir weiter ungeschlagen an der Tabellenspitze bleiben. Beim nächsten Kampf dürfen wir uns so etwas Kurioses dann aber nicht mehr erlauben, denn dann geht es gegen den HSK, der dann doch deutlich stärker einzuschätzen ist.
Hier noch einmal die Einzelergebnisse:
Torben: 0,5
Ruidi: +
Jasmin: +
Semir: -
Ole: 1
Aaron: 1
Umran: +
Timo: 1

Auf der Rückfahrt wurden wir noch von einer kleinen Gruppe angespruchen, wie man denn nach Veddel komme. Interessanterweise hätten sie nichts anderes tun müssen als auszusteigen und den nächsten Zug vom gleichen Gleis zu nehmen, auch wenn es ein wenig dauerte, bis wir ihnen das verständlich machen konnten.
Wie dem auch sei, damit endete ein sehr nervenaufreibender Kampf, den ich so in dieser Form nicht noch einmal erleben möchte, auch wenn der Kampf gewonnen wurde.