Erfahrungen aus Riga

(Fortsetzung vom 10. 8.)

Am Ende war es dann also ein gelungenes Urlaubs-Open – nicht nur aufgrund der Schönheit der Stadt und des (Danke Bobo!) mitten darin befindlichen Irish Pub „Donegan‘s“, der eine ruhig freundschaftliche Atmosphäre auf Basis unzähliger Fassbiersorten zu bieten hatte – genau das Richtige nach anstrengendem Schachtag, jedenfalls wenn die Engländerhorden woanders soffen.

Gelungen war uns eben auch das Turnier mit 4,5 bzw. 4,0/9 erreichten wir Pl. 176 (252) und 229 (270) bei 319 Teilnehmern, was nach je 2,0/6 auch schlechter hätte laufen können. Aber nach einigen Runden war man drin im Schach, konnte vielleicht an früheres Niveau anknüpfen und wurde mit 20XX Elopunkten dann gern mal unterschätzt. Mit +35 ELO war ich sogar relativ bester Deutscher – und auch Ralf nahm +14 mit, was angesichts eines durchschnittlichen Pro-Kopf-Verlustes von -16 (bei 38 Deutschen in den Turnieren A bis D) offensichtlich gut ist. Die Chess-Results-Seite gibt in dieser Hinsicht einige Möglichkeiten her: Die Chinesen klauen uns Westeuropäern die meisten Punkte (55 pro Kopf bei 15 TeilnehmerInnen), gefolgt von Weißrussen (33/K; 20), Litauern (15/K; 29) und Indern (14/K; 21), während die 53 Russen „nur“ 3,5/K mitgehen ließen und die 134 Letten 4,2/K zuhaus behielten.
Das A-Open wurde aber von zwei der hier selteneren Ukrainer gewonnen: GM Vladimir Onischuk (ELO 2610 / Leistung 2737) und IM Sergey Pavlov (2475 / 2717) erzielten 7,5/9. Auf Platz 4 landete mit einer Klasseleistung der beste Deutsche, GM Jan-Christian Schröder (U20, 2539 /2640) mit 7,0/9, die relativ noch stärker auch IM Marco Baldauf (2460 / 2611) auf Platz 11 erreichte, während die Favoriten Sasikiran (2688 / 2546) und Shirov (2648 / 2528) mit 6,0/9 abgeschlagen waren, was Preisgelder anging. Es landeten von den ersten 20 der Setzliste nur 3 auf den ersten 10 Plätzen, was die extreme Ausgeglichenheit des Feldes unterstreicht. Die anfangs so stürmische Tingjie Lei ließ sich leider etwas ausbremsen, da die weiteren stärkeren Gegner früh das taktische Risiko vermieden – aber 6,0/9 und dennoch sehenswert interessante Endspiele gaben auch ihr ein leichtes Plus (+12).
Desweiteren ungewöhnlich war die Altersstruktur: Im A-Open spielten ca. 40 % U20- und jüngere SpielerInnen, mit denen Ralf (2,5/6) und ich (3,5/4) recht ordentlich zurecht kamen. Und auch der Frauenanteil war mit ca. 15% höher als üblich. Beide Gruppen sind ja auch für eher kämpferischen Stil bekannt – vielleicht auch demzufolge habe ich einschließlich der 9. Runde – außer an den Spitzentischen – nur sehr wenige schnelle Remise beobachtet. Die Spielbedingungen waren hervorragend, wenn man sich daran gewöhnt hatte, sich selbst zu verpflegen und die für mich erstmals erfahrene Spielzeit von 90 Min. plus 30 s /Zug für die gesamte Partie annehmen konnte. Denn die führt dazu, dass auch alle Spitzenspieler ihre Endspiele mit meist weniger als 5 Min. Restbedenkzeit zu Ende spielten – gutes Endspielwissen und eine gute Eröffnungsvorbereitung werden auf diese Weise noch wichtiger …
Hier müsste nun was Schachliches kommen – tja, die anderen Themen haben die Zeit schon wieder voll unter Kontrolle – und die eigenen Partien waren sehr interessant aber es gab nur wenige Kombinationen zum Nachrechnen – dann nehmt wenigstens diese:

Der erste U20-Spieler sollte der einzige mit schwächerer Rating als der eigenen bleiben – schnell und giftig war er – und hier unaufmerksam:
Jaroslavs Petrovs (LAT, 1945) – TR
26. e3-e4?

Nur meine beiden Partien gegen die U20-Damen in Runde 7 und 9 gingen „falsch“ aus – also nicht so, wie es nach dem ersten gröberen Fehler kommen müsste. In der letzten Runde verpasste ich so ein noch besseres Ergebnis, das freilich auf dem Glück aus Runde 7 beruhte:

Karina Ivanova (RUS, 2197) – TR
41. Te6 sieht vielversprechend aus, doch es folgte 41. Sf7+ – wie ist die Stellung nun einzuschätzen?

Viktoria Chernyak (RUS, 2267) – TR
Die letzten Züge waren 36 Lxg7= Da8+ 37.Kf1 Sxg7 und nach 38.Txb6? spürte ich, dass da was faul ist – fand aber unter Zeitdruck nur 38. … Ta1+ 39.Ke2 Ta2 40.Tb8+ Dxb8 41.Dxa2 gxf4= 1/2-1/2 – Wie macht man es besser?

Die anderen Hamburger Dimitrij Kollars (5,0), Jonathan Carlstedt (5,5), Frank Bracker (4,5), Felix Meißner (5,0), Björn Bente (5,0), Michael Kotyk (2,5) – spielten allesamt etwas bis deutlich unter Wert. Die Darstellung aus Sicht nicht nur dieser Meister kann man sich wie zu jedem größeren Ding auf Schachticker verklickern lassen: http://www.chess-international.de/archive/76019

Zum nächsten Markus-Training am 21. August bringen wir bestimmt ein paar Kostproben des eigenen Schaffens mit.

Und nun noch ein paar Bilder:
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Manche Meister gingen früh geknickt.

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Es lenkte sehr ab, Tea Gueci in die Augen zu schauen.

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Rigas Technische Universität: Danke!

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Altstadt mit Dom und Brücke nach Kipsala (Spielort).

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Daugavastrand auf Kipsala – keine Zeit für.

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Staatsbibliothek – Eisenbahnbrücke – Markthallen.

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Thutsatz mit Luch und Truch aus HH (altes Wappen links oben).

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Sendete noch als die Russen es am Erschießen waren (1991).

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Mit 9/10 des Berges nuss man unter Wasser rechnen.

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„Saudzejams“ heißt nicht Nilpferd, obwohl das im Lettischen möglich wäre.

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Mutter Russland lockt schön wie eh und je.

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Man hilft hier der Feuerwehr beim Löschen.