Reykjavik Open – Geysire, Nordlichter und Schach

Lange stand es auf meiner Liste, dieses Jahr habe ich es endlich geschafft: Schach in der nördlichsten Hauptstadt der Welt. Vom 29.3. bis zum 4.4. fand in Reykjavik eines der größten Schachopen „Europas“ statt und ich war mit dabei. Vor dem Turnier hatte ich noch eine weitere Woche Urlaub geplant, um mit einem Mietwagen die Insel zu umrunden. Hier ein paar Impressionen:

Golden Circle
Nach der Ankunft am Flughafen Keflavik war die Fahrt auf dem Golden Circle zu den beliebtesten Naturattraktionen Islands unser erster Trip. Hier konnten wir bei sehr starkem Wind, den ich bisher noch nie so heftig erlebt habe, einiges sehen. Wir machten Halt am Kratersee Kerið, dann ging es weiter zu den Geysiren und schließlich zum Gullfoss Wasserfall. Alles sehr beeindruckend, aber Bilder sagen mehr als tausend Worte. Den Thingvellir Nationalpark, der eigentlich auch auf der Route liegt, besuchte ich später noch im Rahmen eines Ausflugs, der vom Open
aus organisiert wurde. Hier treffen die eurasische und die amerikanische Erdplatte aufeinander und man sieht einen großen Riss im Boden.

Kerið

Kerið

Strokkur

Strokkur

Geysire

Geysire

Thingvellir

Thingvellir

Gulfoss

Gulfoss


Vik
Richtung Osten ging es weiter ins Fischerdorf Vik. Hier sahen wir zum ersten Mal Nordlichter, die uns danach noch zwei Tage begleiteten. Offenbar hatten wir Glück, da es zu der Zeit starke Sonnenwinde und wolkenfreien Himmel gab.

Nordlichter in Vik

Nordlichter in Vik

Höfn
Auf dem Weg nach Höfn im Südosten hatten wir Zwischenstops bei den Basaltsäulen Reynisdrangar, am Diamond Beach, wo an einem schwarzen Sandtrand riesige Eiskristalle angeschwemmt werden und am Gletschersee Jökulsárlón. Die Straßenverhältnisse waren hier wegen Schnee und Glätte schon schwieriger. Man hatte das Gefühl auf einer Alpenstraße unterwegs zu sein. Vor der Reiseplanung hatte ich diese schlechten Verhältnisse nicht erwartet und würde eine Fahrt auf der Ringstraße im Winter so kein zweites Mal unternehmen. Wir hatten noch Glück, aber auf der Route vom Südosten in den Norden gibt es immer wieder Straßensperrungen, so dass man sein Hotel dann möglicherweise tagelang nicht erreichen kann. Es empfiehlt sich hier regelmäßig road.is zu checken.

Reynisdrangar

Reynisdrangar

Diamond Beach

Diamond Beach

Jökulsárlón

Jökulsárlón

road.is

road.is

Myvatn
Unser nächster Stop war der „Mückensee“ (isländisch Myvatn) im Norden. Mücken waren hier nicht zu erwarten, stattdessen Schnee, Eis und knackige Minusgrade. Die Fahrt dorthin war sehr abenteuerlich und wir waren froh sicher angekommen zu sein. Zur Belohnung gab es mal wieder Nordlichter. Unsere Unterkunft befand sich in der Nähe eines Vulkankraters und unser Zimmer war eine recht einfach gehaltene Hütte mitten im Nirgendwo. Immerhin hatten wir ein eigenes Badezimmer und es gab wie so oft in den Gästehäusern auf Island eine Gemeinschaftsküche.
Ein Highlight war der Besuch der Myvatn Nature Baths, einem Schwimmbad, was aus den heißen Quellen gespeist wird. Im heißen Wasser zu baden und dabei zu merken wie einem die Haare bei Minusgraden gefrieren, war ein einmaliges Erlebnis. Zum Schluss mussten wir tatsächlich wie viele andere Touristen eine Mütze aufsetzen.

Krater

Krater

Krater

Krater

Husavik

Husavik

Husavik

Husavik

Geysir

Geysir

Godafoss

Godafoss

On the road

On the road

Isländer

Isländer

Nordlichter in Myvatn

Nordlichter in Myvatn

Myvatn Nature Baths

Myvatn Nature Baths

Reykjavik
Um ehrlich zu sein hatte ich von Reykjavik etwas mehr erwartet. Außer der Regenbogenstraße und der Kirche Hallgrímskirkja im Stadtzentrum gab es nicht viel zu sehen. Erwähnenswert ist noch die Pubkultur, die etwas an England oder Irland erinnerte, aber bei Bierpreisen von 10€ konnte man diese auch nicht wirklich genießen. Das Konzerthaus Harpa, in dem das Open stattfand, ist natürlich eine super Location und das Gebäude ein Hingucker. Vom Stil kann man es vielleicht etwas mit der Elbphilharmonie vergleichen.
Empfehlenswert fanden wir das Aurora Museum, wo man einiges über die Nordlichter lernen kann.

Hallgrímskirkja

Hallgrímskirkja

Harpa

Harpa

Regenbogenstraße

Regenbogenstraße

Bobby Fischer Center
Vom Open aus wurde hierhin ein Ausflug organisiert. Da das ganze vor der Runde stattfinden musste, welche um 15 Uhr begann, starteten die Busse schon um 7:30 Uhr. Das empfand ich als recht unentspannt, aber leider ging es nicht anders. Der Aufenthalt im Bobby Fischer Center war leider recht kurzweilig und alles wirkte sehr gehetzt. Etwas mehr Zeit dort wäre schön gewesen, denn man sieht viele Relikte vom WM Kampf von damals. Als Highlight wurden wir vom Organisator des damaligen WM Kampfes empfangen, der dazu einige Anekdoten erzählen konnte und wir durften uns in ein Gästebuch eintragen. Spannend sich ein paar Stories von einem Zeitzeugen anzuhören. Zum Schluss bekam ich auch noch mein Foto vom Bobby Fischer Grab. Ein Punkt weniger auf meiner Bucket List ;-)

Bobby Fischer Center

Bobby Fischer Center

Bobby Fischer Center

Bobby Fischer Center

Hier ruht Bobby

Hier ruht Bobby

van Wely und Fischer Bezwinger vor dessen Grab

van Wely und Fischer Bezwinger vor dessen Grab

Open Nachlese
Unzählige Titelträger, Horden indischer Jugendlicher – bis in die Haarspitzen motiviert, taktisch stark und eröffnungstheoretisch voll auf der Höhe – hier wurde mehr erwartet als „Christian Laqua Sonntagsschach“. Leider spielte ich unter meinen Erwartungen und landete zum Schluss auf Rang 191, gesetzt war ich an 187/401. Spannend war, dass ich keinen einzigen deutschen Gegner hatte. Ich spielte gegen einen Australier, drei Isländer, drei Amerikaner, einen Engländer und einen Franzosen. Unter meinen Gegnern war auch Robert Fischer, gegen den ich gewinnen konnte. Später schaute ich auch noch an seinem Grab vorbei.
Gespielt wurde in einem großen Spielsaal im Erdgeschoss des Konzerthauses. Auf Anti-Cheating Maßnahmen wurde sehr großen Wert gelegt. So mussten Handys vor jeder Runde abgegeben werden und es wurden stichprobenartig Bodyscans mit Metalldetektoren durchgeführt. Dies hatte ich bis jetzt noch bei keinem anderen Turnier erlebt. Gespielt wurde eine Runde pro Tag und an zwei Tagen doppelrundig. Diesen Modus empfand ich insgesamt als sehr angenehm, allerdings wurde mir mal wieder klar, dass so ein Open ein echtes Zeitinvestment ist.
Als Side Events wurde ein Pub Quiz mit Schachfragen, ein Blitz- und ein Schnellschachturnier und ein Ausflug zum Golden Circle und zum Bobby Fisher Center angeboten. Insgesamt war alles top organisiert und es hat seinen Grund, dass es bei dem Turnier trotz des hohen Startgeldes (ich habe 160€ gezahlt) Teilnehmerrekord gab.
Durch das beschleunigte Schweizer System kommt es leider nicht so oft vor, dass man gegen deutlich bessere Gegner gepaart wird. Da ich gegen einen isländischen IM und einen französischen FM nicht performen konnte, wurde ich immer wieder nach unten gelost und musste gegen Schwächere oft aus blutleeren Stellungen noch etwas rausquetschen. Gar nicht so einfach und es verflachte leider oft ins Remis. Hier ein paar interessante Stellungen:

Dieser Gegner hatte keine Fide Elo, sondern nur ein US Rating. Wie sich im Nachhinein herausstellte arbeitet er als Schachtrainer in New York.

Hier noch eine Partie gegen einen talentierten Jugendlichen.

Side Notes und Fazit
Das Open lohnt sich trotz des hohen Startgeldes auf jeden Fall. Gerade das internationale Flair und der exotische Spielort machen das Event reizvoll. Leider ist so ein Islandurlaub nicht ganz günstig. Für ein Doppelzimmer zahlt man pro Übernachtung mindestens 100€ und dafür bekommt man nicht mal ein besonders gutes Hotel. Eine Alternative ist ein Airbnb, was man sich mit mehreren Leuten teilt. Eine Küche sollte aber auf jeden Fall vorhanden sein, denn Essen gehen ist teuer (Fish&Chips ca. 20€, „normales“ Mittag/-Abendessen ca. 30€). Einkaufen im Supermarkt (der Bonus Markt war hier mit Abstand am billigsten) fand ich sogar recht günstig, insbesondere Skyr und Milch sind sehr erschwinglich. Zu empfehlen ist das isländische Lamm und natürlich Fisch. Teuer ist es also allemal, für eine Woche Open sollte man inkl. Flug (ab HH ging es leider nur mit Zwischenstop in Kopenhagen), Unterkunft, Startgeld und Verpflegung mindestens 1500€ einplanen.
Aufgefallen ist mir auch die neue, hippe Generation der Streamer, die an festen DGT Brettern ihre Kameras aufgebaut hatten und ihre Streams live auf twitch streamten. Man mag ja davon halten was man will, aber zumindest scheint Schach etwas an „Coolness“ gewonnen zu haben und in der Gen Z auch dank „Queen´s Gambit“ angekommen zu sein. Hier ein paar Links zu den Kanälen:

Cramling
Botez

Ich kann das Open aber wärmstens empfehlen und würde gerne wieder (vielleicht mit mehr Diogenesen?) teilnehmen.

Nordlichter – How to
Empfohlene Kamerasettings:

  • Belichtungszeit: 5-10 s je nachdem ob die Lichter statisch sind oder sich  bewegen
  • ISO 1600
  • Beste App: Hello Aurora
  • Nordlichtervorhersagen: Forecast