DSAM-Cup – Finale der Deutschen Amateurmeisterschaft 2019/20 (aktualisiert inkl. Rd 5)

Nein, ich bin mit diesem Artikel nicht spät dran. Die Qualifikation wurde Corona-bedingt nach 5 Turnieren ausgesetzt, das Finale mehrfach verschoben. Doch in diesem Oktober wurde das Finale endlich doch noch ausgetragen.  Und dadurch, dass das Turnier nur auf 5 Turnieren beruhte und sich das Hotel nicht im Rahmen des Meisterschaftsgipfels stattfand, waren die Spielbedingungen trotz der verbliebenen Corona-Regeln gut – die Abstände waren groß, die Maske musste nur bei Rumlaufen im Spielsaal und Hotel getragen werden, und es gab sogar Gratis-Wasserspender.

Ich war der einzige Qualifikant vom SC Diogenes, auffällig die 14 Teilnehmer vom HSK. Für mich waren es die ersten Wettkampfpartien seit Abbruch des Clubturniers 2020, und die erste Überraschung ergab sich bei der Auslosung. Ich weiß nicht, ob das neu ist, aber die Setzliste ging anscheinend nach DWZ und nicht nach der besseren Wertzahl von ELO und DWZ. Dadurch war ich in der Setzliste auf dem drittletzten Platz und durfte Donnerstag um 10 mit Schwarz starten. Die erste Partie war etwas seltsam, ich habe die sehr passive Eröffnung meines Gegners nicht wirklich verstanden und kam überhaupt nicht in meinen normalen Stellungstyp, vielleicht stand ich deshalb die ersten 30 Züge fast durchgehend besser. Kurz vor der Zeitkontrolle warf ich den Vorteil weg, bekam ich kurz danach aber wieder – ich hatte ein wenig den Eindruck, dass mein Gegner sich nicht bewusst war, dass er beim Plättchenfall nach dem 40. Zug noch 15 min bekommt, er versuchte sichtlich nervös, das Plättchen nicht fallen zu lassen. Ein relativ langes Endspiel mit (aus meiner Sicht) D+L+6B gegen D+L+5B folgte, wurde natürlich beiderseits nicht optimal gespielt, aber irgendwann konnte ich den gegnerischen Schachs entkommen und nach ca. 4 Stunden Spielzeit den Sieg einsacken.

Runde 2 begann dann um 16 Uhr, und passenderweise stellte sich gegen 15:40 ein akuter Müdigkeitsanfall ein, der knapp 2 Stunden andauern sollte. Und so warf ich mit 2 Fehlern im 9. und 12. Zug die ausgeglichene Stellung weg, dachte noch, ich könnte eine Qualle für 2 Bauern gewinnen, stand statt dessen aber mit einem Minusbauern da (merke: der Gegner macht nicht zwingend den schwächsten Zug). Der Rest der Partie war ein zäher Verteidigungskampf, der nicht immer optimal geführt wurde, aber irgendwann konnte ich nach und nach die Schwerfiguren tauschen, und das Endspiel mit 4 gegen 5 Bauern bei ungleichfarbigen Läufern konnte selbst ich nach ca. 3,5 Stundenzum Remis schieben. Ein akzeptabler erster Tag, und da ich um 20:30 vom Essen zurück war, schaute ich nochmal in unseren Lichess-Kampf rein, und da wir mal wieder nicht vollständig waren, warf ich mal 7 Siege in Folge mit rein, um den Klassenerhalt klar zu sichern (es hätte auch ohne gereicht).

Am nächsten Morgen ging es um 9 los, wieder mit Schwarz gegen einen älteren Gegner, der eine Eröffnung wählte, die mir einen Mehrbauern in Form eines Doppelisolanis auf e verschaffte. Eigentlich fühlte ich mich ganz wohl, und dann kam die klassische Situation. Ihr kennt das sicher: der Gegner droht per Abzugsschach einen recht simplen Figurengewinn. Ihr wisst, wie man das verteidigt, ahnt auch, was der Gegner als nächstes macht, und legt Euch dafür einen Plan zurecht (zugegeben, mein Plan war nicht die optimale Fortsetzung, hätte aber einen leichten Vorteil gehalten). Man macht den Verteidigungszug, der Gegner macht den erwarteten Zug, und man zieht a Tempo etwas komplett dämliches. Damit war das Turnier quasi beendet, aber man muss das Ganze ja zu Ende spielen.

In der 3. Runde geschah etwas im Nachgang wirklich lustiges. Nach ungefähr 40 Spielminuten – mein Gegner war gerade nicht am Platz, steuerte einer der HSK-Spieler zielstrebig den Platz mir gegenüber an, stutzte kurz, stoppte ab, sah sich um, ging wieder in meine Richtung, realisierte, dass dies nicht sein Brett war, und stand für ca. 10 Sekunden völlig orientierungslos auf der Suche nach seinem Brett (das sich einen Platz weiter und eine Reihe in seinem Rücken befand) im Raum – dies war mein Gegner in Runde 4. Die Partie lief recht lange ausgeglichen, dann versuchte ich einen Mattangriff, der nicht wirklich erfolgsversprechend war, allerdings spielte mein Gegner ungenau und ich konnte einen Bauern gewinnen. Allerdings wurde meine Dame gejagt, und ich machte einen Fehler, der die Partie entscheidend kippte.

28. De4 hätte den Vorteil vermutlich als einzige Möglichkeit erhalten, aber ich entschied mich dämlicherweise für 28. De5. 28. …, Da6 hätte Schwarz Vorteil gebracht, es kam aber 28. …, Td5 29. De4 Sg5 Hier hätte 30. Sd6 Ld6 31. Txc8 Dxc8 32. Dxd5 Dc2+ wohl zu Dauerschach geführt, aber auch das sah ich nicht. 30. Dd3 Sxf3 und eine Qualle geht verloren. ICh hab noch versucht, die knappe Zeit meines Gegners auszunutzen, aber vergeblich. 1,5/4, das war kein gutes Turnier, und es lässt sich auch am Samstag nicht mehr retten,

Am Sonntag durfte ich mit Schwarz noch mal eine Eröffnung spielen, mit der ich schon so häufig schlecht ins Mittelspiel gekommen bin. Doch diesmal hatte ich das Glück, dass mein Gegner im 10. Zug einen Bauern wegstellte, und dadurch stand die Partie eher ausgeglichen. Irgendwann kam eine Phase, wo ich mit den a- und b-Bauern auf seine lange und er mit den g- und h-Bauern auf meine kurze Rochade stürmte, und die Partie wurde zumindest lustig. Sein König geriet dank des fehlenden Bauerns etwas schneller in Bedrängnis, und ich konnte die gewonnene Stellung dank einer hübschen Mattdrohung (die bei optimaler Verteidigung nur zu einem klar gewonnenen Endspiel geführt hätte) für mich entscheiden:

Dian – Jürgens: 34. … Tc2

Txb2 nebst Ta2 ist jetzt natürlich eine wunderschöne Mattdrohung, wenn der König schlägt kommt entweder Tc2+ nebst Ta2++, will man gemein sein, droht auch Sf4, e4 sorgt für einen Doppelangriff auf b2. Die am wenigsten deprimierende Verteidigung ist 35. Td1 e4 36. Dd4 Dxd4 37. Sxd4 e3 und Weiß rettet sich noch irgendwie in ein Endspiel T+T+B+B vs. T+T+B+B+S. In der Partie folgte 35. Tc1 e4 (viel stärker wäre natürlich Da6 mit einer weiteren hübschen Mattdrohung, die sich nur durch einen Tausch D gegen S aufschieben lässt) 36. Txc2 Txc2 37. Sd4? 37. Dd4 hätte in ein tot verlorenes Endspiel übergeleitet 37. …, Txb2 und jetzt reichte es Weiß.

Damit landete ich mit 2,5,/ 5 irgendwo im Niemandsland der Tabelle. Trotzdem war es schön, mal wieder ein Turnier unter halbwegs normalen Bedingungen zu spielen – hoffen wir, dass das demnächst wieder zur Regel wird.